Förderverein für Pferdezucht und –sport FRPS auf Reisen

Zuechterfahrt 04Nach der coronabedingten Pause in 2020 ging die zur Tradition gewordene Züchterfahrt vom 07. bis 11.10. diesen Jahres gen Norden, bis zur Nordspitze Dänemarks.Nach den Vollblütern in Irland 2019, standen die Reitpferde dieses Mal im Vordergrund.
Zunächst ging es auf dem Weg zur ersten Übernachtung in Hamburg, ins Gestüt Fährhof, eine der ersten Adressen der deutschen Vollblutzucht. Heimat von Turflegenden wie Acatenango und Surumu, die sowohl auf der Bahn als auch in der Zucht Geschichte geschrieben haben. Bei noch angenehmer Witterung wurde uns der neue Vererber „Alson“ v. Areion von Daniel Krüger, dem Geschäftsführer Deutscher Galopp und früherem Marketingchef auf Fährhof, vorgestellt, der als 4-jähriger erst vor wenigen Tagen von der Rennbahn kam und sich noch in Rennkondition darstellte. Er entstammt der Zucht des Gestüts Schlenderhan und steht im Gemeinschaftbesitz von Schlenderhan und Fährhof. Auch einige Jährlinge, die in der Vorbereitung für die anstehenden Auktionen inBaden Baden waren, wurden uns gezeigt.

Zuechterfahrt 02Die Stuten und Fohlen waren z.Z. leider auf einem der anderen anderen Gestütshöfe des Gestüts Fährhof, das bekanntlich einer Familienstiftung der Kaffeedynastie Jakobs gehört,untergebracht, sodass wir diese nicht in Augenschein nehmen konnten. Ausführlich wurden wir von Herrn Krüger über die Zielsetzung des Gestüts, aber auch der Vollblutzucht im Allgemeinen informiert. Sowohl ein reger Gedankenaustausch als auch Diskussionen um Fragen der Zucht und Aufzucht sowie aktuelle Fragen um die Tierschutzleitlinien rundeten den Besuch auf dem Fährhof bei Sottrum ab.

Von Hamburg ging es am nächsten Tag in Richtung Dänemark zum Besuch des sehr zentral gelegenen Gestüts Blue Hors der Eignerfamilie Christiansen aus der LEGO-Dynastie. Herr Struck empfing uns bei recht stürmischen aber noch trockenen Wetter zu einem rund dreistündigen Rundgang über die vor wenigen Jahren vollständig neu errichtete weitläufigen und hoch moderne Gestüts- und Sportanlage für den Dressursport, mit vielen innovativen   Details. Blue Hors liegt bei Randbol in einer leicht hügeligen, beeindruckenden Landschaft, die durch die schmelzenden Gletscher der Eiszeit geformt wurde.

Bei Blue Hors stehen ca. 300 Pferde, von Fohlen und Absetzern, zugekauften Fohlen aus allen europäischen Hochzuchten für Dressurpferde bis hin zu international begehrten Deckhengsten wie „Blue Hors Zack“ und seinem Sohn „Blue Hors Zackerey“ sowie vielen anderen, die im Hengststall die Nachfolge der Legende „Blue Hors Don Schufro“ angetreten haben.  
                          
Über den Winter kommen in der 30 x 80 m großen, mit allen erdenklichen technischen Raffinessen ausgestatteten Reithalle, Turniere zur Durchführung. Neben den dänischen Jungpferdechampionaten werden auch Turniere für den reiterlichen Kadernachwuchs sowie Turniere auf Grand Prix Niveau ausgerichtet. Überhaupt wird in die Ausbildung des reiterlichen Nachwuchs sehr viel investiert und so kommen auch die jungen Springreiter*innen bei den Turnieren nicht zu kurz.Als eine besondere Innovation erschien die Misttrocknungsanlage, die als staatlich gefördertes Pilotprojekt mit technischer Begleitung durch ein Spezialunternehmen errichtet wurde. Ziel ist es, im normalen Ofen verbrennbare Pellets aus Pferdemist zu produzieren.

Zuechterfahrt 03Nach dem Besuch ging es zum Hotel in Kolding, das für zwei Nächte unsere Herberge war. Am Samstag war der Besuch bei Helgstrand Dressage in Voskov, weit im Norden Jütlands angesagt. Bei ungemütlichem Wetter, nordisch herb eben, ging die Reise ca. 230 km Richtung Norden. Bei der Ankunft auf der gigantischen, neu errichteten Anlage mit Boxen für 300 der insgesamt ca. 700 Pferde des Helgstrand-Imperiums wurde es trocken und einer ausführlichen Besichtigung stand nichts im Wege.

Leider wurde die zugesagte deutschsprachige Führung kurzfristig von einer englisch-sprachigen jungen Dame durchgeführt, die ausgesprochen kompetent durch die Anlage führte. Auf dieser Anlage, errichtet seit dem Jahr 2008 auf dem ehemaligen Gehöft der Schwiegereltern von Andreas Helgstrand, stehen sowohl die hochwertigen Dressurpferde als auch die Hengste, die ausschließlich im Besamungseinsatz sind. In der Decksaison werden hier keine Stuten angenommen und eingestellt. Lediglich einige Stuten für den Embriotranfer wurden uns gezeigt. Sehen konnten wir Pferde, die im sportlichen Einsatz sind und für die großen Championate und/oder für den Verkauf vorbereitet und trainiert werden. Da es Samstagnachmittag war, wurden uns die Pferde jedoch lediglich in den Boxen bzw. auf den Paddock´s gezeigt.

Dann wurde uns von unserer Führerin angeboten, auch das wenige Kilometer entfernte Aufzuchtgestüt zu besichtigen. Hier stehen ca. 250 junge Pferde, die, bis auf die jungen Absetzer, in entsprechenden Jahrgangsgruppen nach Geschlechtern getrennt auf sehr großzügigen Weiden gehalten wurden und meist auch über Winter bei entsprechender Zufütterung mit Heulage und Witterungsschutz auf den Weiden blieben. Die Koppelgröße betrug bis zu 25 ha. Auch ein weiteres, ca. 1 km entferntes Gehöft gehörte zu Helgstrand Dressage. Auf einer weiteren, Akademie genannten Anlage, wurden die Jungpferde angeritten und erfahren hier die Grundausbildung als Dressurpferd.

Tief beeindruckt traten wir nach 3,5 Std. die Heimreise nach Kolding an.
Am Sonntag hieß es eine Stunde früher aufstehen, da uns ein ausgefüllter Tag erwartete.
Dieser Tag begann nach der Anreise aus Dänemark mit einer Führung in Friedrichstadt an der Eider, die in diesem Jahr die 400-jährige Stadtgründung feierte. Damals hatte der holsteinische Herzog Friedrich III. vor allem holländische Kaufleute und Seefahrern mit dem Versprechen auf Religions- und Steuerfreiheit angelockt, die dann dieses Kleinod einer holländischen Stadt mit Grachten und Kanälen in Holstein schufen. Hier hatten wir auch für unsere letzte Nacht ein sehr schönes Hotel reserviert.

Nächster Besichtigungspunkt war das Eiderstauwerk. Bei nordfriesischem Wetter empfing uns hier Familie Zuba. Ehe wir zum Hof der Zuba´s nach Wesselburen in Dithmarschen fuhren, erklärte uns Herr Zuba die Besonderheiten der Landschaft, des Deichbau´s und diese gewaltigen Anlage zur Abwehr der Strumfluten.

Der Hof der Zuba´s hat sich in den letzten Jahrzehnten intensiv dem Anbau von hochwertigen Speisekartoffeln gewidmet. Auf ca. 40 ha werden Kartoffeln für Edeka-märkte angebaut, die hauptsächlich nach Berlin, aber auch in andere Städte geliefert werden. In 2,5 kg Beuteln bis zu 25 kg Säcken werden die Kartoffeln unter dem Markennamen „Küstenknolle“ vermarktet. Als Kostprobe bekam jeder Reiseteilnehmer einen Beutel Kartoffeln mit auf die Heimreise. Die Resteverwertung übernimmt eine Mutterkuhherde.

Zuechterfahrt 01Familie Zuba züchtet Holsteiner Springpferde mit erlesenen Pedigree`s. Sechs Fohlen aus 2021 von Europameister Casall, von Clarimo und dem aktuellen Bundeschampion Crackkonnten noch bei ihren Müttern auf der Weide besichtigt werden. Für das Jahr 2022 werden 12 Fohlen erwartet. Nahe zu alle Hengstgrößen der holsteinischen Zucht sind in den Abstammungen der Stuten vertreten, Casall, Clinton I, Cassini I, Casiro, Million Dollar und Uriko geben den Ton in dieser Herde an, die größtenteils dem Stamm 18a2 angehören.

Die ausgesprochen freundliche Aufnahme, das beeindruckende Wissen um den Betriebsowie Besonderheiten der Landwirtschaft in Dithmarschen rundeten diesen Besuch ab.
Nächste Station an diesem Tag war die Besichtigung des Pferdezuchtbetriebes Jens Ritters in Krumstedt, südlich von Meldorf gelegen. Hier erwartete uns Familie Ritters zunächst mit Kaffee und Kuchen vor ihrem 250 Jahre alten, unter Denkmalschutz stehenden, reetgedeckten dithmarscher Bauernhaus. Dabei stellte uns Jens Ritters, der jetzige Hofinhaber, den Betrieb, den er von seinem Vater Hans Werner Ritters übernommen hatte, vor. Die dritte Generation Ritters ist auch hoch erfolgreich im Sattel unterwegs und siegreich in S**- Springen auf den eigen Zuchtprodukten. Senior Hans Werner war in jungen Jahren Europameister der Juniorenspringreiter. Als Züchter von zwei Einzel-olympiasiegern, „Classic Touch“ von Caletto II mit Ludger Beerbaum in Barcelona 1992 und mit dem Schimmel „Marius“ von Condrieu xx, Doppelgoldmedaillengewinner in der olympischen Vielseitigkeit im Einzel und der Mannschaft 2008 in Hongkong mit dem heutigen Holsteiner- Verbandschef Hinrich Romeike, schrieb er unvergleichliche Zuchtgeschichte. Aus der Zucht der Ritters sind über 250 Turnierpferde bei der FN eingetragen. Weitere internationale Erfolgspferde, wie „Carlo“ von Contender, 3. der Europameisterschaft 2011 in Madrid mit Nik Skelton stammen aus dem Hause Ritters, ebenso wie der Körsieger „Cassilano“ von Cassini II in 2009.

Gezüchtet wird mit 12 – 15 Stuten besonders aus dem Stamm 730 B der auf die Stute „Virginia“ von Frivol xx zurück geht. Mit ihr hat Hans Werner den Europatitel gewonnen. Es sind Stutenstämme, die über Jahrzehnte auf dem Hof der Ritters gepflegt werden.Heute ist der Betrieb ganz auf Zucht, Aufzucht und Ausbildung ausgerichtet.  Die Milchviehhaltung wurde vor vier Jahren aufgegeben.

Die Besichtigung der ausgesprochen starken Stuten mit den Fohlen auf der Weide und das umfassende Wissen dieser gediegenen, bäuerlich geprägten Holsteinerzüchter, hat bei allen Teilnehmer unserer Fahrt einen tiefen Eindruck hinterlassen. Hier werden Sportpferde auf allerhöchstem Niveau gezüchtet, hier wird Pferdezucht über Generationen gelebt.

Für die Rückreise war noch ein Stopp im Hengststall des Holsteiner Verbandes angesagt.
Norbert Boley, der Chef der Verbandshengsthaltung, stellt uns zunächst ein kleines, aber hoch-interessantes Lot an der Hand vor. Ein aktuell für die Körung Ende Oktober vorgesehener sehr moderner Junghengst, der nach Meinung aller, ein positives Körurteil erwarten lässt, eröffnete die Vorstellung. Danach der amtierende Bundeschampion der 6j. Springpferde, „Crack“ von Cornet Obolensky, der mit Richard Vogel in Warendorf nicht zu schlagen war und die lebende Holsteinerlegende „Casall“, der mit seinen 22 Jahren taufrisch über den Hof trabte und in seiner gesamten Erscheinung großen Eindruck machte. Nach der Besichtigung des Hengststalles und der weiteren Tophengste wurde uns noch eine Zukunftshoffnung, ein rein französisch gezogener 8j. Hengst unter dem Sattel vorgestellt, der seine sportlichen Fähigkeit mit S**- Siegen schon unter Beweis gestellt hat. Man verspricht sich von diesem Hengst, der erst wenige Nachkommen hat, für die Zukunft eine interessante Erweiterung der genetischen Vielfalt.