Hippologische Rundreise 2024
Die hippologische Rundreise des Vereins zur Förderung der Pferdezucht und des Pferdesport in Rheinland-Pfalz-Saar führte in diesem Jahr nach Belgien und Holland.
Die schon zur Tradition gewordene mehrtägige Fahrt führte in diesem Jahr die 33 Teilnehmer nach Belgien und den Niederlanden. Am ersten Tag wurde die historische Altstadt von Brügge angesteuert. Bei leichtem Regen, aber angenehmen Temperaturen wurde diese bedeutende und reiche Handelsmetropole des ausgehenden Mittelalters mit ihren historischen und bestens erhaltenen Bürger- und Handelshäusern bei einem geführten Rundgang besichtigt.
Am zweiten Tag stand ein Besuch bei einem der erfolgreichsten Springpferdezüchtern der Welt auf dem Programm. In der Zuchtstätte DE MUZE der Familie Joris und Valentijn Brabander in Sint Niklaas, zwischen Gent und Antwerpen gelegen, erblickten eine ganze Reihe von Spitzenspringpferden das Licht der Welt. Aktuell sind zehn Pferde auf 1,60 m Niveau im Sport unterwegs. Die Vererberlegende Darco stand hier im Zuchteinsatz und zeugte hier den derzeitigen Starvererber Bamako de Muze, *2001.Von ihm stammt z.B. auch Kasanova de la Pomme, z.Z. ein sehr begehrter Vererber.
Ein noch junger Sohn des Hengstes Verdi aus der Fit for Fun, der heimischen DSP- Zuchtstätte Ralf Jünger, Kürrenberg, aus dem Jahrgang 2021, hat hier eine Box bezogen.
Der Top-Vererber Verdi wird später noch Erwähnung finden.
Die Zuchtphilosophie von Joris de Brabander, der sich nach eigener Aussage, nie an Körurteilen aufgehalten hat, lautet: im Spitzensport müssen sich Väter und Mütter der Fohlen beweisen bzw. bewiesen haben. Neue Zuchtmethoden wie Embryotranfer gehören für ihn seit langem ebenfalls dazu. Der Erfolg gibt ihm recht. Der Vater von Joris hatte, nach dem die Zucht der schweren belgischen Arbeitspferde zu Ende ging, in den 1950er und 1960er Jahren mit der Reitpferdezucht begonnen und sich von Anfang an auf die Zucht von Springpferden konzentriert.
Die Weiterfahrt, vorbei an den Welthäfen Antwerpen und Rotterdam mit ihren gewaltigen Wasserstraßen, führte nach Amsterdam. Teils mit dem Bus, teils zu Fuß wurde die Hauptstadt der Niederlande mit ihren Grachten erkundet. Nach der Übernachtung in Bergen zwischen Nordsee und IJsselmeer und der morgentlichen Fahrt über den 32 km langen Damm der das Ijsselmeer zur Nordsee hin abschließt, besuchten wir in der Nähe von Leeuwarden das Gestüt VDL der Familie Wiebke van de Lageweg. Die Region, von sattem Grünland und vielen Wassergräben und Kanälen geprägt, ist auch die Heimat großer Milchviehbetriebe.
Das Gestüt VDL hat sich im Laufe der Jahre auf mehreren Gestütshöfen eingerichtet und zieht pro Jahr ca. 200 Fohlen auf, etwa 100 aus eigener Zucht. Fohlen und Stuten, nach dem diese wieder tragend sind, laufen Tag und Nacht ohne Zufutter auf den Weiden, die außerordentlich gepflegt waren und entsprechend ertragreich sind. Das vorherrschenden Marschland mit seinem qualitätsvollem Grünland, macht es möglich.
In den Aufzuchtstallungen, die Gruppen von 50 Absetzerfohlen beherbergen, wird ausschließlich Ballenheulage von bester Qualität zur freien Aufnahme verfüttert.Auch die Hengste werden mit Heulage versorgt. Der Gesamtbestand von VDL beträgt ca. 800 Pferden. Seniorchef Wiebke, ein Tausendsasser in der Pferdescene, führte uns, zusammen mit seinem Sohn, mit Lebendigkeit,Witz und Offenheit durch seinen Betrieb, der Kunden in der ganzen Welt hat. Ideenreichtum gepaart mit Zukunftsvisionen und Geschäftstüchtigkeit verbinden sich hier zur Marke VDL.
Alle Hengste dieser Station aufzuführen würde den Rahmen sprengen. Das Gesamtpaket umfasst 36 Spring- und sieben Dressurhengste.
Olympische Medaillengewinner, Weltmeister verschiedener Kategorien und Europameister sind hier beheimatet. Zirocco Blue, Arezzo, Vater des aktuellen Bundeschampion Arezzo Man, Comthago und einige mehr sind die Aushängeschilder der Zuchtstätte.
Hoher Kundenservice, weltweite Vermarktung von Sportpferden gehören ebenso zum Betrieb wie die Körvorbereitung von ca. 25 Junghengsten pro Jahr. Eine integrierte Veterinärstation mit Operationsmöglichkeiten gehören zur Ausstattung des Gestütes.
Die Vorstellung der Hengste an der Hand und die besondere Gastfreundschaft rundeten das Gesamtbild eines positiven und informativen Besuches ab.
Die Weiterreise führte am Nachmittag zum Besuch des Gestütes Team Nijhof in Geesteren. Der Empfang durch Gestütschefin Jeanette und ihren Bruder Henk jun.war sehr herzlich und begann zunächts mit einer Einladung zu Erfrischungsgetränken, ehe sie den Betrieb, den Vater Henk Nijhof sen. gegründet hatte, präsentierten.
Auch hier die modersten Einrichtungen incl. eines Operationsraumes für alle klinischen Fälle. Aus seuchenrechtlichen Gründen ist die Hengsthaltung auf einem etwa 200 m entfernten Betrieb eingerichtet. Hier hatten Zuchtheroen wie Heartbreaker und Voltaire ihre Heimat. Der aktuelle Starvererber ist vor allem Verdi TN, der olympisches Silber 2012 in London und 2016 in Rio de Janeiro für die Niederlande gewinnen konnte. Neben vielen jüngeren Hengsten sind auch die Vererber Eldorado v d Zeshoek, sein Sohn Grandorado TN, Zambesi TN und aus dem Gestüt Brabander der Hengst IM Special de Muze hier im Einsatz.
Bei den Dressurhengsten ist Glock´s Johnson von Jazz x Flemmingh, der bei der EM 2015 in Aachen Gold und Bronze gewann und auch bei der WM in Caen ein Medaille gewinnen konnte, der Star der Dressurvererber.
Henk jun. stellte uns eine ganze Reihe von Hengsten an der Hand vor, sodass sich schnell eine Grundlage für folgende Züchtergespräche ergab.
Auch diese Zuchtstätte wird auf mehreren Gestütshöfen betrieben, von den Stallungen für die Reproduktion in allen Varianten bis zur Aufzucht und Ausbildung der jungen Pferde. Im alten Zuchtgebiet des Gelderländer Pferdes, ausgerichtet auf eine moderne Sportpferde-zucht heutiger Prägung, beeindruckter das Gestüt Team Nijhof mit Weltoffenheit und Geschäftstüchtigkeit. Mit der Einladung zur Hengstpräsentation im Frühjahr 2025 endete dieser sehr informative Besuch.
Am folgenden Tag, bei kühlem Sonnenschein, ging es zum größtes Outdoor-Event der Niederlande mit 50 – 60000 Zuschauern (Aussage des Veranstalters) nach Boekelo bei Enschede, eine gute Autostunden vom Hotelstandort in Münster/Westf. entfernt.
Die Military Boekelo ist traditionell die Abschlußveranstaltung der FEI Nationenpreisserie der Vielseitigkeitsreiter d.h. mit einer Manschaftswertung für die Team´s der teilnehmenden Nationen.
In einer 4* Vielseitigkeit waren neben den europäischen Nationen auch Reiterinnen und Reiter aus den USA und Neuseeland am Start. Die Topreiterin im deutschen Team war die Olympiasiegerin von Tokio 2021 Julia Krajewski die ihr Olympiapferd Nickel der letzten Olympiade in Paris, gesattelt hatte. Mit diesem Pferd, dass seit kurzem im Besitz von Prof. Bernd Heicke vom Gestüt Fohlenhof in Haßloch, einem großen Förderer des Reitsport und besonders der Vielseitigkeit, steht, konnte sie trotz eines Rumplers im Gelände die Einzelwertung der 96 Starter gewinnen. Die sportliche Entscheidung fiel jedoch erst am darauf folgenden Tag in der letzten Teilprüfung, dem Parcoursspringen. Den Sieg in der Nationenwertung errang die Mannschaft aus Irland vor den USA und Deutschland.
Der anhaltende und ergiebige Regen der Vortage hatten das Gelände für die Zuschauer teilweise in eine Schlammwüste verwandelt. Wasserfestes Schuhwerk war angesagt. Mit schwerstem Gerät war die Grasnarbe des gefluteten Wiesengeländes teilweise abgeschoben worden, um einen festen Untergrund zuschaffen. Die Galoppstrecke mit den 25 Hinder-nissen und ca. 35 Sprüngen, die dieTeilnehmer zu überwinden hatten, war jedoch in einem guten Zustand, so dass der sportliche Teil ohne größere Probleme über die Bühne ging.
Die Schlammschlacht im Bereich der Zuschauerwege und im Gastrobereich sowie den Ladenstraßen tat der Stimmung unter den Besuchern keinen Abbruch. Man kann sagen:
Oktoberfeststimmung auf holländisch. Mit einer besonderen Erfahrung und müden Beinen machten wir uns gegen 18 Uhr auf den Weg zu unserem Hotel in Münster.
An diesem Sonntag stand die Heimreise auf dem Programm mit einem Besuch auf der Galopprennbahn in Köln-Weidenpesch. Im wichtigsten Rennen des Tages ging es um den „Preis des Winterfavoriten“, ein Rennen für 2jährige Vollblutpferde über 1600 m. Trotzt des hohen Preisgeldes von 155.000 € gingen leider nur fünf Pferde an den Start.
Gegen Abend war dann die diesjährige Züchterreise an ihrem Ausgangspunkt angekommen. Bei vielen guten Gesprächen in geselliger Runde und einem Rückblick auf das Erlebte, wurden bereits Pläne für die Reise im kommenden Jahr geschmiedet.
KH Bange